Die Erschaffung von Himmel und Erde (vgl. Abb. 1 und 2), die Vertreibung des Menschen aus dem Paradies (vgl. Abb. 10 und 11), der Tanz Israels um das goldene Kalb, als Moses mit den Gesetzestafeln vom Sinai kommt (vgl. Abb. 19), der Kampf Jakobs mit dem Engel (vgl. Abb. 16) – das Alte Testament bietet eine Fülle von Motiven, mit denen sich Künstler auch unseres „säkularisierten“ Zeitalters immer wieder neu auseinandersetzen und für die sie oft neue bestechende Gestaltungen finden.
Das gleiche gilt für die Stoffe des Neuen Testaments. Die vielen aus dem Alltag geschöpften Gleichnisse Jesu von den Lilien auf dem Felde (vgl. Abb 2) bis zum barmherzigen Samariter (vgl. Abb. 40), vom klugen Bauherrn bis zu den klugen Jungfrauen und vom verlorenen Sohn (vgl. Abb. 43) bis zum „Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder“ (vgl. Abb. 47) sind schon für sich genommen geniale Bildideen und werden von den Meistern der Grafik und der Malerei gerade auch der Moderne und der Gegenwartskunst unverändert gerne aufgegriffen.
Der Bildband BIBEL IM BILD präsentiert zweiundachtzig Werke der abendländischen Kunstgeschichte aus verschiedenen Regionen, Perioden und in verschiedenen Techniken, welche durch Themen des Alten und des Neuen Testamentes inspiriert sind.¹ Im Vergleich mit Bilderbibeln wie der „Bibel von Jerusalem“² findet man in BIBEL IM BILD nicht den Text der Bibel, sondern Passagen bzw. Zitate aus Texten des Alten und des Neuen Testamentes, welche zu den abgebildeten künstlerischen Arbeiten inspiriert haben oder zu diesen in einem engen Verhältnis stehen.
Die ausgewählten zweiundachtzig Kunstwerke sind als eine Sammlung ausgewählter Beispiele zum Thema BIBEL IM BILD zu verstehen. Der Bildumfang reicht nicht aus, um die Themen der Bibel mit Beispielen aus der Kunstgeschichte repräsentativ „abzubilden“.³ Die Intention von BIBEL IM BILD ist es aber zu zeigen, wie vielfältig und wie engagiert sich Künstler über die Jahrhunderte
1 Im Jahr 1978 erschien beim Herausgeber ein erster Bildband zum gleichen Themenkreis unter besonderer Berücksichtigung deutscher Kunst des 20. Jahrhunderts: Christliche Kunst, ein Bildband mit Aufnahmen von Ulrich Mack und Texten von Dr. Ursula Uber, ins Englische und Französische übersetzt, Hamburg 1978.
2 La Bible de Jérusalem, 20 siècles d'art, la sainte Bible traduite en français sous la direction de l'École biblique de Jérusalem, 3 Bände, Éditions de la Réunion des musées nationaux - Les Éditions du Cerf, Paris 2009, ISBN 978-2-204-09061-2; NB 195571.
mit Motiven des Alten und des Neuen Testaments beschäftigt haben und welchen Stellenwert diese Tradition bei den Künstlern gerade auch in unserem „säkularisierten“ Zeitalter besitzt. Herausragende Werke wie „Das Abendmahl“ Emil Noldes von 1909 (vgl. Abb. 54), das Güstrower Ehrenmal Ernst Barlachs von 1926–27 (vgl. Abb. 83), das Paradiesfenster Marc Chagalls an der Nordwand der Kathedrale von Metz aus dem Jahre 1963 (vgl. Abb. 7) oder die von Neo Rauch gestalteten Glasfenster in der Elisabethkapelle des Naumburger Doms von 2007 (vgl. Abb. 41) lassen uns spüren, dass die Kunst gerade auch des 20. und 21. Jahrhunderts im Umgang mit den „letzten Fragen“ und Antworten die größte Leidenschaft und Ausdruckskraft entwickelt.
In der Regel knüpfen die abgebildeten Kunstwerke thematisch unmittelbar an die biblischen Texte an. Dies geschieht freilich in der den Künstler auszeichnenden individuellen Freiheit, vor dem Hintergrund seiner besonderen Erfahrungen und Blickrichtungen sowie seiner zeit- und kulturgeschichtlichen Einbettung. So ist z.B. die „Kreuztragung“ des Glückstädter Künstlers Max Kahlke von 1923 (vgl. Abb. 65) nicht nur eine Rückbesinnung auf Jesu Tod, sondern zugleich auch ein Ausdruck der Leidensjahre, die Max Kahlke als Teilnehmer des Ersten Weltkriegs erlebte. „Die gemarterte Menschheit“ war ein typisches Thema der Bildenden Kunst in der Entstehungszeit dieses Meisterwerks von Max Kahlke.
Eine Briefkarte des Künstlers an seine Freundin Käthe Saul aus dem Jahre 1926, die nur den nachfolgend zitierten Inhalt hat, scheint Aufschluss zu geben, welche mystische Beziehung Max Kahlke zwischen der eigenen Erfahrung des Leidens und dem Leiden Jesu entwickelte: „So tief ist uns verbunden kein Mensch nach Gottes Rat, als der in dunklen Stunden um uns gelitten hat. Wenn alle tausend Stunden des Jahrs soll leiden ich, so muß ich doch gesunden, denn in Ketten schlagen sie dich. M.“
Auch in dem 1919 entstandenen Holzschnitt „Der barmherzige Samariter“ von Ernst Barlach (vgl. Abb. 40) finden die Leiden des Ersten Weltkriegs ihren Niederschlag. Im Gegensatz zu traditionellen Darstellungen wie z.B. von Jacopo Bassano, wo die
3 Einen Schritt in diese Richtung gehen die Kunstführer „L'Ancien Testament“ von Chiara de Capoa (343 Seiten) und „Le Nouveau Testament“ von Stefano Zuffi (384 Seiten), in deren zahlreichen Beispielen vor allem aus Mittelalter und Renaissance auch künstlerische Darstellungen zu nicht kanonischen Texten wie z.B. zur Mariologie enthalten sind. Aus dem Italienischen ins Französische übersetzt bei Éditions Hazan, Paris erschienen - ISBN 2850258865, Paris 2002 (Altes Testament) sowie ISBN 2850258571, Paris 2003 (Neues Testament).
gütige Hinwendung zum Hilfsbedürftigen im Vordergrund steht⁴, oder zu der Behandlung des Themas durch Rodolphe Bresdin, wo die Versorgung des überfallenen Wanderers als eine Mitwirkung in Gottes mächtig sprießender Schöpfung erscheint⁵, kennzeichnet den barmherzigen Samariter Barlachs der Ausdruck des Hinhorchens und Meditierens. Sein Mitleiden macht ihn sehend „für großräumige, übergreifende Zusammenhänge“ und so kann der unmittelbar nach dem Weltkrieg 1914–1918 entstandene Holzschnitt „als ein Appell an den Frieden in der Welt verstanden werden“.⁶
Ebenfalls an der Farbstiftzeichung „Der Baum Noahs“ von Gideon Hausmann (vgl. Abb. 13), entstanden 1985, ist ein spezieller Zeitgeist beteiligt. Sie zeigt das Aufsetzen der Arche Noah auf dem „Berge Ararat“, dem Ararat-Hochland und den Regenbogen als Zeichen des Neuen Bundes. Aber der Akzent der künstlerischen Aussage liegt nicht auf der traditionellen Thematik der biblischen Sintfluterzählung, dem Verhältnis zwischen Gott und Kreatur, sondern auf der Bedeutung des Baumes und seiner Blätter bei der Rettung der Arche und ihrer Insassen, der Taube zuvörderst. Ganz offenbar möchte der Künstler im Einklang mit der ökologischen Bewegung der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts auf eine ökologische Schicksalsgemeinschaft von Kreatur und Baum aufmerksam machen, die mit dem Ende der Flut im Zeichen des Neuen Bundes fortbesteht.
Ähnlich liegen die Verhältnisse bei Friedrich Dürrenmatts eindrucksvoller Federzeichnung „Vor dem Sturz (Der Turm zu Babel)“ (vgl. Abb. 14) aus dem Jahre 1952. Während sich Künstlergenerationen an der Darstellung mächtiger wolkenragender und breit gegründeter Hochbauten abgearbeitet haben, um eine Vorstellung vom Turmbau zu Babel als einer gigantomanischen Architektur zu schaffen⁷, tritt Dürrenmatt mit seinem riesenhaften Flickwerkturm, unter dem die Gebirgsketten wie Streichhölzer verschwinden, ins Kosmische Zeitalter ein, in dem nicht mehr Architektur und Statik, sondern die Dimensionen des Weltraums, explodierende Supernovae und Schwarze Löcher dem Menschen seine Grenzen aufzeigen.
4 Vgl. Jacopo Bassano, Der barmherzige Samariter, Öl, um 1550–1570, The National Gallery, London.
5 Vgl. Rodolphe Bresdin, Das Gleichnis vom barmherzigen Samariter, Lithografie, 1861.
6 U. Uber im Bildband Christliche Kunst, Hamburg 1978.
7 Vgl. z.B. Pieter Bruegel d.Ä., Der Turmbau zu Babel, Öl, 1563, Kunsthistorisches Museum, Wien - Die Heilige Schrift, Altes und Neues Testament, dargestellt in den berühmten 230 Illustrationen von Gustave Doré, Unipart-Verlag, Stuttgart 1985, S. 29, Der Turmbau zu Babel.
Die genannten Beispiele erläutern den Einfluss des Zeitgeistes auf das inhaltliche Verständnis der biblischen Themen durch den Künstler. Wie ausgeprägt sich der Zeitgeist aber mit seinem gesamten Lebensgefühl und Lebensstil auf die künstlerische Darstellung biblischer Themen auswirkt, lässt sich exemplarisch an Werken der Renaissance studieren. Ein Werk von Paul Veronese z.B. wie „Die Hochzeit zu Kana“ im Louvre⁸, welches die üppige Pracht und die eindrucksvollen architektonischen Kulissen der venezianischen „Society“ reflektiert, könnte einem nicht kunstgeschichtlich „vorbelasteten“ bzw. aus einem anderen Kulturkreis angereisten zeitgenössischen Besucher des Louvre den Eindruck aufdrängen, Jesus habe im Milieu der Luxusklasse gelebt, obwohl seine Geburt in einer Krippe, sein Aufwachsen als Sohn eines Zimmermanns und sein Leben als Wanderprediger ohne ein festes und sicheres Zuhause⁹ das Gegenteil beschreiben. Bei den in BIBEL IM BILD abgebildeten halbfigurigen Jesus- Darstellungen von Giovanni Bellini (vgl. Abb. 38) und von Bernardino Luini (vgl. Abb. 30) in noblen Tuniken mit kunstvoll dekorierten Borten dürfte aber ein solches Milieu-Missverständnis nicht zu befürchten sein, zumal bei diesen beiden Bildern von Jesus als Zwölfjährigem und als Heiland die meisterhafte Innigkeit des Ausdrucks alle anderen Beobachtungen und Fragen verblassen lässt.
Die Freiheit des Künstlers beim Umgang mit dem biblischen Text veranschaulicht Ernst Barlachs Holzschnitt „Der Cherub“ (vgl. Abb. 10), dem der Text der Genesis zur Vertreibung des Menschen aus dem Paradies zugrunde liegt. Wohl ist auf diesem Holzschnitt die Lage des Menschen in seinem „Geworfensein“ erkennbar. Aber der Cherub trägt nicht das drohende feurige Schwert. Er tritt dem Menschen nicht abweisend entgegen wie in der vergleichsweise „bibeltreuen“ Vertreibungsdarstellung auf der Hildesheimer Bernwardstür. Im Gegenteil: Mit dem Rücken zu den Menschen stehend, ist sein Blick unverwandt zur Quelle der Lichtgarben hin gerichtet. In dieser Haltung erinnert er an den „Prolog im Himmel“ in Goethes „Faust“, wo die Schar der Engel zur Sonne hin schaut: „Ihr Anblick gibt den Engeln Stärke“.
8 Paul Veronese, Die Hochzeit zu Kana, Öl, 1562-1563, Musée du Louvre, Paris.
9 Vgl. Matthäus 8,20 / Lukas 9,58: „Jesus sagt zu ihm: Die Füchse haben Gruben, und die Vögel unter dem Himmel haben Nester; aber der Menschensohn hat nichts, wo er sein Haupt hinlege.“
Ähnlich rollenfremd wie der Cherub verhalten sich zwei „Gottsucher“ in der oberen linken Bildmitte des Holzschnittes von Ernst Barlach. Anstatt im Sinne der Genesis „im Schweiße ihres Angesichtes“ ihren Acker zu bearbeiten¹⁰ oder wie die Paare im Vordergrund ihrem Geschlechtstrieb zu folgen, fassen sie mit aller Kraft und Leidenschaft die vom Lichtzentrum herabfallenden Strahlen ins Auge und lassen sich dabei von ihren irdischen Bedürfnissen nicht ablenken. Theologisch gesehen liefert Barlach ein Bild für das „lumen naturale“, jenes natürliche Gespür für Gott, welches der Mensch durch die sog. „Uroffenbarung“ erhält (vgl. den Brief an die Römer des Apostels Paulus, Kap. 1,20).
Der Holzschnitt „Der Cherub“ erweist sich also als ein Beispiel für die großen Freiheitsräume, welche ein Künstler bei der „Verarbeitung“ biblischer Texte in Anspruch nehmen kann. Besonders weit öffnet sich dieser Freiheitsraum und besonders groß ist die Herausforderung für den Künstler, wenn er sich die Aufgabe stellt, übernatürliche Vorgänge, die der menschlichen Erfahrung zuwiderlaufen, mit den Mitteln der Kunst zu beschreiben. Dies gilt für die Wunder Jesu, in besonderer Weise für das „Ereignis“, welches die Bibel nicht direkt beschreibt, die Auferstehung Jesu. Marc Chagall hat sich entschieden, bei der Gestaltung der Glasfenster im Züricher Fraumünster anstelle der Darstellung des Ostergeschehens ein Leerfenster zu lassen.¹¹ Abb. 73 und Abb. 74 zeigen, wie sich demgegenüber Rembrandt Harmensz. van Rijn und Matthias Grünewald der Aufgabe gestellt haben.
Während Rembrandt sich in großer „Schrifttreue“ auf den bei Matthäus geschilderten dramatischen Begleitumstand konzentriert – der Engel des Herrn, „seine Erscheinung war wie ein Blitz“, wälzt den Stein vom Grabe,¹² schafft Matthias Grünewald in freier künstlerischer Gestaltung „ein Farbwunder ohne seinesgleichen in der Kunstgeschichte, welches uns heute genauso anspricht wie die Menschen am Vorabend der Reformation“.¹³
Wie wird ein Künstler seine Freiheit nutzen, wenn er Vorgänge thematisieren will, die
10 Auf der o.e. Vertreibungsdarstellung der Bernwardstür ist Adam bereits mit dem Hausbau beschäftigt.
11 Vgl. Niklaus Peter in: Neue Zürcher Zeitung, Internationale Ausgabe, 3./4. April 2010, Nr. 77, 231. Jhg.
12 Jesus, noch in Leichentuch gewickelt, sich anschickend, aus dem Grab zu steigen, spielt auf dieser Darstellung eine marginale Rolle.
aufgrund unterschiedlicher Quellen in den Evangelien nicht deckungsgleich dargestellt sind? Ein vorbildliches Beispiel scheint mir die Behandlung des Themas „Kreuzabnahme“ durch Graham Sutherland (vgl. Abb. 71) darzustellen. Im Gegensatz zu namhaften Vorläufern in der Kunstgeschichte wie Peter Paul Rubens oder Il Rosso Fiorentino, deren Kreuzabnahmen ausgesprochen figurenreich gestaltet sind, hat sich Graham Sutherland bei seiner Darstellung der Kreuzabnahme Jesu (vgl. Abb. 71) offenbar bewusst auf den Kreis der in den kanonischen Evangelien genannten teilnehmenden bzw. präsenten Personen beschränkt. Während die sogenannten Synoptiker in ihren Evangelien im Zusammenhang mit der Kreuzabnahme Josef von Arimathäa und Maria aus Magdala sowie „die andere Maria“ erwähnen, erwähnt der Evangelist Johannes nur Josef von Arimathäa sowie Nikodemus. Im Sinne einer „harmonischen Bibelauslegung“ hat sich Graham Sutherland entschieden, alle in den kanonischen Evangelien genannten Personen zu berücksichtigen.
Das Gemälde von Sutherland ist aber nicht nur aufschlussreich für die Freiheitsgrade eines Künstlers bei der Aufbereitung biblischer Quellen, sondern ebenso für die Freiheitsgrade bei der Nutzung moderner Ausdrucksmittel, insbesondere der figürlichen Abstraktion. Verglichen mit dem Abstraktionsgrad der Kreuzigungsdarstellung von Pablo Picasso im Musée Picasso in Paris aus dem Jahre 1930 scheint es der Kreuzabnahme Sutherlands von 1946 noch an Konsequenz zu mangeln. Während aber die Darstellung Picassos für einen nicht speziell geschulten Kunstbetrachter zu einer Suchaufgabe wird, bietet Sutherland eine „halbabstrakte“ Lösung, die einerseits dem Trend zur Abstraktion Rechnung trägt, ihm aber andererseits auch erlaubt, die individuelle Rolle der nach den Evangelien an der Kreuzabnahme beteiligten Personen „auf den Punkt zu bringen“.
Die Abstraktion ist ein sehr wirkungsvolles Ausdrucksmittel moderner religiöser Kunst, wie etwa auch die Holzschnitte von Carl Schmitt-Rottluff aus der sog. Kristus-Mappe (vgl. Abb. 33 und Abb. 76) eindrucksvoll belegen. Überhaupt gehören die Holzschnitte von Carl Schmitt-Rottluff zu den Höhepunkten des frühen
13 U. Uber im Bildband Christliche Kunst, Hamburg 1978.
Expressionismus, so wie die Arbeiten Günter Skrodzkis zum Thema Jona als Holzschnitt, Monotypie (vgl. Abb. 21 und Abb. 22) und in Öl zu den bedeutendsten des späten Expressionismus gehören dürften.¹⁴
Die Auswahl der Kunstwerke für den Bildband BIBEL IM BILD konzentrierte sich auf das Figurenbild. Dass z.B. auch reine Landschaften Ausdrucksträger biblischer Themen werden können, ist u.a. aus dem Werk Caspar David Friedrichs und Vincent van Goghs bekannt. Bereits das Rasenstück von Albrecht Dürer von 1503 aus der Graphischen Sammlung Albertina in Wien ist ein wunderschöner Hymnus auf das Wirken Gottes. Bei den stimmungsvollen Gemälden von Adam Elsheimer (vgl. Abb. 27) und Claude Lorrain (vgl. Abb. 28) handelt es sich zwar nicht um reine Landschaften, dennoch ist der Anteil der Landschaft in beiden Fällen absolut dominant. Bei Adam Elsheimer die feierliche Ruhe der Nacht unter der Ordnung der Gestirne, bei Claude Lorrain das alles durchflutende wunderbare Licht des Tages, in dem die Figuren fast verloren erscheinen.
Weniger geläufig als Ausdrucksträger biblischer Themen ist das Genre des Interieurbildes. Hierzu gibt es in BIBEL IM BILD zwei Beispiele (vgl. Abb. 57 und Abb. 58). Mit seiner Frau Caroline beim Aufstieg im Treppenhaus hat Caspar David Friedrich ein Interieur seines Dresdner Wohnhauses zum Ausdrucksträger für seinen Auferstehungsglauben gemacht (vgl. Abb. 57). Gleichermaßen originell wirkt „Die unendliche Wohnung“ (vgl. Abb. 58) des Hamburger / Pariser Malers Hans Günther Baass, ein reines Interieurbild. In eine ungewisse Ferne verliert sich ein lichtdurchfluteter Raum, in dessen Vordergrund eine mächtige Säule mit einer Wand ein Kreuzsymbol bildet.
Die in der vorliegenden vierten Auflage dieses Bildbandes verwendeten Texte aus dem Alten bzw. dem Neuen Testament entstammen der Bibelübersetzung Martin Luthers in die deutsche Sprache in der revidierten Fassung von 2017.
Ernst Michael Winter – Hamburg, im Januar 2017
14 Vgl. Günter Skrodzki, Projekt Bibel, 420 Holzschnitte zum Alten und Neuen Testament, Wachholtz 2006, S. 139-143.